11/04/2010

sichtweise



 wir sind die menschen auf den wiesen
bald sind wir menschen unter den wiesen


und werden wiesen, und werden wald
das wird ein heiterer landaufenthalt

ernst jandl





*

9 Kommentare:

  1. Sicht-Waise
    Sicht-Weise

    Je nach DEM.




    PS. Scheint ein besonderer Friedhof zu sein ...

    AntwortenLöschen
  2. Sag mal was zu "Sicht-Waise", damit ich es verstehe.

    "sichtweise" kann auch noch heißen:
    es ist weise, es so zu sehen

    AntwortenLöschen
  3. Er/sie ist Waise und kann ES «so» noch nicht sehen.
    Weise zu sein reicht dazu auch noch nicht ES sehen zu können.

    Wer sieht und wer bin ich?

    AntwortenLöschen
  4. Mein Lieblings-Jandl.

    Hätte ihn jetzt nicht hier vermutet.
    Falsche Jahreszeit - ein Sommergedicht und keins für den Winter.

    AntwortenLöschen
  5. 1. ist kein Winter mehr, sondern mindestens Frühling, Michael.
    2. habe ich schon letzte Woche zum ersten Mal für dieses Jahr den Rasen gemäht, der mehr eine Wiese ist.
    (3. habe ich gemäht, weil Selbermähen einfacher ist, als einen 19jährigen Sohn dazu zu motivieren.)
    4. verstehe ich Wiese hier mehr als Wort-Bild-Spiel.
    5. hat eine Frau Wiese, die ich gut kannte, als sie noch lebte und die auf dem Friedhof begraben liegt, wo ich die "Umarm-Bäume" fotografierte (obere "sidebar" laut blogger), also diese Frau Wiese hat bald Geburtstag und bekam deshalb schon mal incognito (jetzt nicht mehr) eine hommage und bekommt wahrscheinlich morgen eine weitere, falls nichts anderes dazwischenkommt.
    6. las ich heute in der Zeitung eine Buchrezension über einen Lyrik-Roman "Der Anthologist" von Nicholson Baker. Der erste Satz der Rezension hieß: Diese Buch ist eine einzige Abschweifung; das ist bei mir hängen geblieben als Idee wofür weiß ich noch nicht.
    7. wolltest du das gar nicht alles wissen.

    AntwortenLöschen
  6. 1. wollte ich Deine Antworten Nr.1 und 4 unbedingt wissen, auch wenn ich sie nicht unbedingt teile, da
    a) die Temperaturen alles andere als frühlingshaft sind und
    b) das Gedicht von Jandl nun mal „Sommerlied“ heißt

    2. finde ich Deine Antworten Nr. 2, 3 und 6 sehr interessant

    3. bedaure ich die Sache mit Frau Wiese zutiefst

    4. ist Deine Vermutung Nr. 7 deshalb nicht ganz richtig.

    AntwortenLöschen
  7. zu 3.
    Frau Wiese hättest du zu Lebzeiten noch viel mehr bedauern müssen, denn sie war spastisch gelämt von Geburt (1938) an und hatte Diabetes. Sie konnte laufen, war intellektuell topfit und zog, ihre Gliedmaßen schlenkernd und schüttelnd unbesiegbar durch die Lande, immer auf innere Fort - Bewegung bedacht im Sinn von Fortbildung.
    Sie konnte kaum selbst essen, trug aber in einer weit geöffneten Tasche immer ein Stück Brot mit sich, damit sie es im Fall von Unterzuckerung schnell greifen konnte. Das gelang nicht immer, und oft stürzte sie hin. Sie musste immer jemanden bitten, ihr die Insulinspritze zu geben, da ihre spastisch zitternden Hände das nicht selber konnten.

    Wenige Wochen vor ihrem Tod - sie starb an Krebs - besuchte ich sie und sie bat mich, sie mit einem "Landjäger" zu füttern. (Falls ihr Hesse net wissen, was des is: e Art Dauerworschd)
    Und als eine solche zähe Über -Land -Jägerin
    habe ich sie in guter Erinnerung.

    AntwortenLöschen
  8. Ich hätte Frau Wiese zu ihren Lebzeiten bedauert.

    Das, was Du als "intellektuell topfit" bezeichnest, bedaure ich dabei fast am meisten. Ich erlebe momentan hautnah den körperlichen Verfall einer alten Frau mit, die ebenfalls intelelktuell topfit ist. Und wohl hauptsächlich deshalb besonders mit ihrem Schikcsal hadert. Seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt, versagen ihr jetzt allmählich die Hände den Dienst. Sie kann praktisch nichts mehr alleine machen.

    Landjäger kennen auch Hessen, zumindest die kulinarisch interessierten.

    Ich hab noch was zur Wiese gefunden:

    Komm wieder auf die Wiese
    auf die du noch niemals kamst
    und leg dich ins Gras
    in dem du schon immer liegst
    laß den Uferstaub durch die Finger rinnen wie Mehl:
    Wieder ist nie Immer zum ersten Mal

    - Erich Fried -

    AntwortenLöschen
  9. "Wieder ist nie Immer zum ersten Mal" -
    jetzt lese ich es den zweiten Abend,
    es ist wie ein innerer Zungenbrecher,
    wenn es sowas gibt.
    Gehirn-Windungs-Brecher oder
    Bisher-anders-gedacht-Brecher.
    Ich höre es knacken an der Winterkruste.

    AntwortenLöschen