1 Die frische Luft des freien Feldes
ist der eigentliche Ort, wo wir hingehören;
es ist, als ob der Geist Gottes dort
den Menschen unmittelbar anwehte
und eine göttliche Kraft ihren Einfluss ausübte.
2 Der Baum ist breit, mein Freund, der Schatten gibt,
Und keiner braucht den andern zu verdrängen.
3 Über Rosen lässt sich dichten,
In die Äpfel muss man beißen.
4 Früchte bringet das Leben dem Mann; doch hangen sie selten
Rot und lustig am Zweig, wie uns ein Apfel begrüßt.
5 Wer will denn alles gleich ergründen!
Sobald der Schnee schmilzt, wird sich's finden.
6 Was wüsste ich von der Pflanze und Farbe,
wenn man meine Theorie mir fertig überliefert
und ich beides auswendig gelernt hätte!
Aber da ich eben alles selber suchen und finden
und auch gelegentlich irren musste,
dadurch kann ich sagen,
dass ich von beiden Dingen etwas weiß,
und zwar mehr als auf dem Papier steht.
7 Ich muss gestehen, ich wüsste auch nichts
mit der ewigen Seligkeit anzufangen,
wenn sie mir nicht neue Aufgaben und
Schwierigkeiten zu besiegen böte.
Aber dafür ist wohl gesorgt,
wir dürfen nur die Planeten und Sonnen anblicken,
da wird es auch Nüsse genug zu knacken geben.
8 Mir gäb es keine größre Pein,
wär ich im Paradies allein.
9 Wenn der Sommer sich verkündet,
Rosenknospe sich entzündet,
Wer mag solches Glück entbehren?
Das Versprechen, das Gewähren,
Das beherrscht in Florens Reich
Blick und Sinn und Herz zugleich.
10 Steine sind stumme Lehrer,
sie machen den Beobachter stumm,
und das Beste, was man von ihnen lernt,
ist nicht mitzuteilen.
11 Wär nicht das Auge sonnenhaft,
Die Sonne könnt es nie erblicken;
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt uns Göttliches entzücken?
12 Sollten wir im Blitz, Donner und Sturm nicht die Nähe
einer gewaltigen Macht,
in Blütenduft und lauem Luftsäuseln
nicht ein liebevoll sich annäherndes
Wesen empfinden können?
13 Wer die Sterne fragt, was er tun soll,
ist gewiss nicht klar über das, was zu tun ist.
Luca, Pierre und Goethe