13/05/2010

hinWeise





Ein Verharren will ich, das uns alle eint.
Ein Verharren der Arme, Beine, Haare,
ein Verharren, das aus jedem Körper ersteht.
Ein Verharren will ich
der Arbeiter, der Tauben,
Chauffeure, Blumen,
Techniker, Kinder,
Ärzte, Frauen.
Ein allgemeines Verharren will ich,
das selbst die Liebe erfasst.
Ein Verharren, das alles reglos macht,
die Uhr, die Fabriken,
das Beet, die Schulen,
den Bus, die Krankenhäuser,
die Landstraße, die Häfen.
Ein Verharren der Augen, Hände, Küsse.
Ein Verharren, das Atmen verbietet,
ein Verharren, das Stille hervorbringt,
ein Verha 
damit wir die Schritte
ein Verhades Tyrannen hören, wenn er davongeht.


Gioconda Belli
                                                                                                                                 



6 Kommentare:

  1. Werde ich die Schritte hören, wenn ich verharre? Wer verfolgt dann die Schritte des Tyrannen, wenn er davon geht?

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  2. Für mich klingt diese Aussage so:

    Ein gemeinsames Verharren, weil wir alle wissen, dass es den Tyrannen gibt - in uns - , ein gemeinsames Wissen darum, ein gemeinsamer Wille nach Erlöstwerden, ein Hinlauschen, ein Loslassen, dann kann er Stück für Stück hinausgehen, sich auflösen.

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  3. Und wer ist der, der diese Perspektive einnimmt?

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  4. Kannst du diese Frage anders formulieren? Ich verstehe nicht ganz, was du meinst.

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  5. Kann ich eins werden, wenn einer weggeht? Wohin geht er?
    Oder: indem ich dies wahrnehme, was geht dann von mir weg?
    Was bezeichne ich als Tyrannen?

    Kann ich eins werden mit dem was ist, mit anderen Worten mit dem Tyrannen und ihn erkennen? Spaltung oder vereinen?

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  6. Ich nenne jatzt mal den Tyrannen das Böse, das als Kraft in der Welt wirkt und darin seine Aufgabe hat. Wenn Menschen in Erkenntnis dieser Aufgabe und in Erkenntnis ihrer Aufgabe in Gemeinschaft - das muss nicht unmittelbare Nähe sein, kann auch Erkenntnisgemeinschaft sein - das Fortschreiten, die Entwicklung, die Kultur, d.h. Pflege (der Menschen, der Erde, des Geistigen...) im weiten Sinn wollen, dann entbinden sie den Tyrannen Stück für Stück von seiner Aufgabe und er kann davongehen, er muss nicht Tyrann bleiben.---

    Das Gedicht von Giocanda Belli ist aus dem Spanischen übersetzt. Ich kenne nicht das Original, denke aber, ob das so häufig vorkommende Wort "verharren" auch noch eine andere Übersetzungsmöglichkeit hätte. Im Deutschen wirkt verharren so hart. Möglicherweise ist gemeint eine Art "inne halten", eine "globale Meditation" (das ist natürlich meine Interpretation). Ich versuche mal, es im Original zu finden.---

    Heute morgen beim Aufwachen - deine nächtliche Frage hatte ich da noch nicht (oder doch?) gelesen, Monika - fielen mir die folgenden Worte aus dem Gottesdienst der Christengemeinschaft ein:

    "So erkrafte, o Christe, das in mir, was der Sünde Last sich entringt
    und im Denken und Wollen sich mit dir verbindet,
    auf dass es friedvoll stehe zur Welt und sich eine mit ihrem Werden..."

    Wirkungsvoller Kultus jeglicher Form kann auch ein gemeinsames Verharren, Innehalten sein, das erlösend wirkt.---

    Zum Schluss:
    Der Tyrann geht nicht weg, er wird weniger Tyrann.

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