28/08/2010

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Zu meinem Geburtstage, der mir diese Woche erscheint,
hätte mir kein angenehmer Geschenk werden können als Ihr Brief,
in welchem Sie, mit freundschaftlicher Hand, 
die Summe meiner Existenz ziehen und mich, durch Ihre Teilhabe,
zu einem emsigern und lebhafteren Gebrauch meiner Kräfte aufmuntern.
Reiner Genuss und wahrer Nutzen kann nur wechselseitig sein,
und ich freue mich, Ihnen gelegentlich zu entwickeln:
was mir Ihre Unterhaltung gewährt hat,
wie ich von jenen Tagen an auch eine Epoche rechne,
und wie zufrieden ich bin,
ohne sonderliche Aufmunterung,
auf meinem Weg fortgegangen zu sein,
da es nun scheint, 
als wenn wir, nach einem so unvermuteten Begegnen,
miteinander fortwandern müssten...
Alles, was an und in mir ist,
werde ich mit Freuden mitteilen.
Denn da ich sehr lebhaft fühle,
dass mein Unternehmen das Maß der menschliche Kräfte
und ihrer irdischen Dauer weit übersteigt, 
so möchte ich manches bei Ihnen deponieren
und dadurch nicht allein erhalten,
sondern auch beleben.
Wie groß der Vorteil Ihrer Teilnehmung für mich sein wird,
werden Sie bald selbst sehen,
wenn Sie, bei näherer Bekanntschaft, 
eine Art Dunkelheit und Zaudern bei mir entdecken werden,
über die ich nicht Herr werden kann,
wenn ich mich ihrer gleich sehr deutlich bewusst bin.
Doch dergleichen Phänomene 
finden sich mehr in unserer Natur,
von der wir uns denn doch gerne regieren lassen,
wenn sie nur nicht gar zu tyrannisch ist.
Ich hoffe bald einige Zeit bei Ihnen zuzubringen,
und dann wollen wir manches durchsprechen.







So schrieb Goethe in einem Brief an Schiller
am 27. August 1794;
sein Geburtstag ist der 28. August 1749.



3 Kommentare:

  1. Es ist, wie wenn dieser Brief ich selber an mich geschrieben hätte. Tatsächlich könnte ich ihn so auch an Dich schreiben. Mich wundert nichts mehr, mich wundert alles.

    Guten Morgen :-)
    Ein Sonnenstrahl begrüßt mich gerade nach Tagen ununterbrochenen Regnens.

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  2. Monika, in der zurückliegenden Nacht träumte ich, ich hätte dir einen Brief geschrieben. --
    Es fasziniert mich, wie menschlich, urmenschlich, Goethe sich formulieren kann; den Menschen, das Menschsein, menschliches Erleben formulieren kann.-

    Und: Flip-Flops im Schuhregal zeigten mir heute morgen an, dass Sohn, 19, von seiner Trampreise nach Holland zurück ist.
    (auf Ismi-isch: Mutterherz aufatmen tut...)

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  3. Und wie ich dieses Mutterherz fühlen kann! Unsere Söhne sind gleich alt, nur ich bin 9 Jahre älter als Du. Was habe ich für Ängste ausgestanden. Kommentar meines Sohnes: Wann vertraust Du endlich?

    So viele Ebenen sind in uns angelegt ....

    Rasenmähen ist angesagt, es regnet grad mal nicht ;-)

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