30/03/2011

Modernität

Die beiden folgenden Zitate Rudolf Steiners zu seinem zum 86. Todestag am heutigen 30. März - einerseits im Gedenken an ihn, andererseits im Blick auf seine (sich gegenwärtig erneut bestätigende) Aktualität.

"Ich habe eine Anzahl von so veranlagten Menschen in meinem
Leben kennengelernt, aber man beachtet sie für gewöhnlich nicht.
Es ist das Bewußtsein, das der Mensch in der fünften nachatlantischen
Zeit entwickelt so, daß es gar nicht völlig hinreicht für das
Leben zwischen der Geburt und dem Tode, sondern so, daß der
Tod eigentlich immer hereinspielt in das Erdenleben. Dem Menschen
wird bewußt werden, daß man eigentlich jeden Tag ein
bißchen stirbt, daß eigentlich fortwährend das Sterben im Menschen
anfängt, daß der Tod fortwährend da ist. Einzelne Menschen
gibt es, die entweder den Tod stark fürchten, indem sie ihn
als zehrend an ihrer Erdenmenschlichkeit empfinden; aber ich
habe auch solche Menschen kennengelernt, die den Tod liebten,
weil er sie immer begleitet, und die eigentlich immer nach ihm
verlangten.
Das ist etwas, was in der fünften nachatlantischen Epoche
immer mehr und mehr heraufkommen wird: das Bewußtsein, den
Tod neben sich hergehen zu sehen. Ich will es noch konkreter
beschreiben. Der Mensch wird jenen intimen Feuerprozeß, der
mit der Entwickelung der Bewußtseinsseele zusammenhängt, an
sich wahrnehmen. Insbesondere wird der Mensch in solchen
Momenten, wo er aus dem Schlafbewußtsein heraustritt und in
das Wachbewußtsein tritt, dieses Wachbewußtsein wie eine Art
Feuerprozeß in sich erleben, der ihn verzehrt. Denn die Bewußtseinsseele
ist schon ein Hochgeistiges; das Geistige aber verzehrt
immer das Materielle. Und die Art und Weise, wie die Bewußtseinsseele
das Materielle und das Ätherische im Menschen verzehrt,
ist eine Art intimer Feuerprozeß, ein Verwandlungsprozeß.
Das wird der Mensch im Verlauf dieser fünften nachatlantischen
Epoche immer mehr und mehr in sich wahrnehmen. Nur dürfen
Sie sich dieses Feuer nicht so vorstellen wie eine brennende Kerzenflamme;
so physisch muß man sich das nicht vorstellen. Sondern
der Mensch wird es sozusagen in seiner Seele moralisch sich
konstituieren fühlen, dieses Neben-ihm-Stehen des Todes."
aus: GA 346, Apokalypse und Priesterwirken. Fünfter Vortrag (9. September 1924)

"Immer feindlicher stellt sich im Laufe der menschlichen Entwickelung
die Außenwelt um uns. Immer mehr müßt Ihr lernen, Eure innere
Kraft der herandrängenden Außenwelt entgegenzustellen. Aber die
Angst muß dabei verschwinden. Und ganz besonders für den, der eine
esoterische Schulung durchmacht, ist es nötig, unumgänglich nötig,
daß er sich freimache von allen Angst- und Furchtgefühlen. Nur da hat
die Angst eine gewisse Berechtigung, wo sie uns aufmerksam macht,
daß wir uns stark machen sollen, aber alle unnatürlichen Angstgefühle,
die den Menschen quälen, müssen ganz und gar verschwinden. Was
sollte geschehen, wenn der Mensch noch Angst- und Furchtgefühle hat
und das Jupiterbewußtsein stellt sich ein? Dort wird die Außenwelt
sich dem Menschen viel, viel feindlicher und schrecklicher gegenüberstellen
als heute. Ein Mensch, der hier nicht die Angst sich abgewöhnt,
wird dort von einem schreckensvollen Entsetzen ins andere fallen.

Schon jetzt bereitet sich immer mehr dieser Zustand in der Außenwelt
vor. Und deutlicher noch wird das sich dem Menschen zeigen in
jener schrecklichen Zeit, die hereinbrechen wird unter der Herrschaft
des Oriphiel, von dem ich Euch das letztemal gesprochen habe. Da
muß der Mensch gelernt haben, festzustehen! Unsere heutige Kultur
schafft selbst jene entsetzlichen Ungeheuer, die den Menschen auf dem
Jupiter bedrohen werden. Schaut Euch die riesenhaften Maschinen an,
welche die menschliche Technik heute mit allem Scharfsinn konstruiert!
In ihnen schafft sich der Mensch die Dämonen, die in Zukunft
gegen ihn wüten werden. Alles, was der Mensch heute an technischen
Apparaten und Maschinen sich erbaut, wird in Zukunft Leben gewinnen
und sich dem Menschen in furchtbarer Weise feindlich entgegenstellen.
Alles, was aus reinem Nützlichkeitsprinzip, aus Einzel- oder
Gesamtegoismus heraus geschaffen wird, ist in Zukunft des Menschen
Feind. Wir fragen heute viel zu viel nach dem Nutzen dessen, was wir
tun. Wenn wir die Entwickelung wirklich fördern wollen, so dürfen wir
nicht nach dem Nutzen fragen, sondern vielmehr danach, ob etwas
schön und edel ist. Wir sollen nicht nur aus dem Nützlichkeitsprinzip
heraus handeln, sondern aus reiner Freude am Schönen. Alles, was der
Mensch heute schafft, um sein künstlerisches Bedürfnis zu befriedigen,
aus reiner Liebe am Schönen, auch das wird sich in Zukunft beleben
und es wird zur Höherentwickelung des Menschen beitragen."
aus: GA 245, Anweisungen für eine esoterische Schulung (aus der Esoterischen Stunde vom 16. Januar 1908, München)

7 Kommentare:

  1. Ich danke dir, Christina, für diese beiden so zeit-gemäßen Textstellen. - Ich finde die Schrift nicht zu groß, ich finde sie "augenfreundlich", jedenfalls "sehe" ich es so. Du kannst sie aber im Post direkt auf "klein" stellen, dann müsste es auch in der Veröffentlichung kleiner kommen.

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  2. Auch von mir ein "Danke". Ich geh nun schlafen und nehm diese Zeilen mit....
    Bis morgen
    Elisabeth
    Eine Gute Nacht an Euch

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  3. Wow!
    Hier steht ES/es .... Jaaa!

    Liebe Christina
    Einen dicken Kuss dafür :-)

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  4. Jetzt habe ich Gänsehaut.
    Das ist es ganau, was mir begegnet, in den Kindern, in Gesprächen mit Arzt und Lehrern, in meinen Träumen oder wie man die nennen soll.
    Wie bin ich froh, hier noch einmal nachgeschaut zu haben, denn gestern konnte ich nichts lesen, obwohl dieses Post angezeigt war. Technik...

    Danke, liebe Christina.
    Gabriela

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  5. @gabriela:

    da weben dein heutiger blogpost und mein gestriger hier ja wunderbarst in einander!

    ich danke dir fürs teilen deiner gedanken, nehme sie gerne mit. sie sind mir wertvoll!
    christina

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  6. Dieses Brennen darf man sich durchaus physisch vorstellen, denn an anderer Stelle erwähnt er es ... es fühlt sich an wie Geißelung, ein Brennen, das vor allem im Rückenbereich zu erleben ist oder als Dornenkrone. Diese Phasen gehen einher mit Erkenntnisprozessen und gleichzeitiger körperlicher Gesundung, auch wenn es in diesem Moment einen ganz anderen Anschein hat und meist sehr schmerzhaft ist. Es findet wie eine Art Umprogrammierung der Zellen statt. Es kann in dieser Phase auch so etwas wie Lähmung oder Taubheit gefühlt werden, die aber mit der Zeit wieder weggeht. Es ist wie eine Verordnung zur Stille «von außen». Steiner meinte dazu: ignorieren und mit der Schulung einfach weitermachen ...

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