In Wahrheit wissen Sie schon, wie es ist.
Sie kennen schon den Unterschied
zwischen der Größe und Geschwindigkeit von allem,
was Ihnen durch den Kopf schießt,
und dem winzigen, unzureichenden bisschen,
das Sie einen anderen je wissen lassen können.
Als gäbe es in Ihnen einen riesigen Saal mit allem,
was es im Universum je gegeben hat,
aber die einzigen Teile, die rauskönnen,
müssen sich irgendwie durch so ein kleines Schlüsselloch quetschen,
wie alte Türen es unter der Klinke hatten.
Als versuchten wir alle,
einander durch diese winzigen Schlüssellöcher zu sehen.
Aber sie hat eine Klinke; die Tür geht auf.
Nur anders, als Sie glauben.
Aber was wäre, wenn Sie sie öffnen könnten?
Überlegen Sie mal kurz - was wäre,
wenn all die unendlich dichten und unbeständigen Welten,
die Sie in jedem Augenblick Ihres Lebens beherbergen,
sich nachher auf einmal irgendwie
als völlig offen und kommunizierbar herausstellten,
nachdem das, was Sie für sich gehalten haben,
gestorben ist, denn das ist,
wenn sich nachher jeder einzelne Augenblick
als eine grenzenlose See erweist,
als Zeitspanne oder -abschnitt,
in dem er ausgedrückt oder vermittelt werden kann,
und Sie brauchen nicht einmal strukturiertes Englisch,
Sie können, wie es so schön heißt,
einfach die Türe aufmachen und stehen im Raum eines anderen
mit seinen vielgestaltigen Gestalten, Ideen und Facetten?
David Foster Wallace
aus der Kurzgeschichte
"Neon in alter Vertrautheit"
:
Jetzt hab ich viel zu überdenken für die Nacht...
AntwortenLöschenUnd?
AntwortenLöschenGuten Morgen!
Die Vorstellung dieses grenzenlosen Sichöffnens stelle ich mir eher als ein Albtraum vor. Für mich wäre das definitiv nichts: kein Geheimnis, keine Magie, kein Schutz, keine Innerlichkeit...
AntwortenLöschenLiebe Grüsse,
Brigitte
Oh, ich glaube, da ist etwas von dem enthalten, was ich erlebt habe.
AntwortenLöschenEs ist kaum vorstellbar, wie gross dieser Raum ist, wenn er geteilt wird.
Aber wie diese Türe öffnen? Das möchte ich üben....
Danke dir!
Gabriela
Ich verstehe das, was DFW hier schreibt, als Grenzüberschreitung. Die Vision von Kommunion.
AntwortenLöschenBrigitte, es ist wohl kein erzwungenes Öffnen, das er beschreibt, sondern ein Hinübergleiten in die Möglichkeit, verbunden zu sein. Das schließt ein Zurückgleiten in das Eigensein ja nicht aus.
Von ernst Jandl gibt es ein Gedicht, das mir nun, da ich diesen Kommentar schreibe, dazu einfällt:
"dass alle menschen etwa
eine einzige seele möchten sein,
die reicht, solang sie leben,
in ihre körper hinein
und schnappt, sobald sie sterben,
dann irgendwo zurück
in diesen einzigen großen seelenleib,
in dieses unvergängliche glück,
das wollte ich gern hoffen."
Gabriela, die Tür-Möglichkeit ist offen. Nur wir sind - naja, vielleicht sind wir einfach noch zu groß für's Nadelöhr.