30/08/2010

Gesang



entnommen dem Heft: Klaus Knigge, Kanons


Was sucht ihr mächtig und gelind,
Ihr Himmelstöne, mich am Staube?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Sphären wag ich nicht zu streben,
Woher die holde Nachricht tönt;
Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,
Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben.
Sonst stürzte sich der Himmelsliebe Kuss
Auf mich herab, in ernster Sabbatstille;
Da klang so ahnungsvoll des Glockentones Fülle,
Und ein Gebet war brünstiger Genuss;
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend heißen Tränen
Fühlt ich mir eine Welt entstehn.
Dies Lied verkündete der Jugend muntre Spiele,
Der Frühlingsfeier freies Glück;
Erinnrung hält mich nun mit kindlichem Gefühle
Vom letzten, ernsten Schritt zurück.
O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder!
Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!




aus Faust 1
J.W. Goethe

2 Kommentare:

  1. Ich mag den Faust, der is so gewaltich :-) - "die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", tja, nä? Paßt in diese Zeiten....
    Ich wünsche Dir einen guten Wochenanfang, liebe Stefanie.

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  2. Mit andern Worten liebe Stefanie:
    http://mission-ich-bin.blogspot.com/2010/08/zeit-schrift.html


    Hab fest an Dich gedacht ... hat länger gedauert ...
    und nun lese ich das hier ...


    PS.
    Eleonora = Gott ist mein Licht

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